KDS - Ihr Recht als Patient:in

Ihr Recht als Patient:in Von Diagnosestellung bis Nachsorge

Inhalt Als Patient:in ist die Navigation durch das österreichische Gesundheits- und Sozialversicherungssystem oft nicht einfach. Diese Broschüre begleitet Sie Schritt für Schritt auf Ihrem Weg von Diagnosestellung über Behandlung und Therapie bis hin zu Nachsorge. Verständlich und praxisbezogen werden Sie über Unterstützungsmöglichkeiten und Ihr Recht als Patient:in aufge- klärt. Sie ist ein Ratgeber, der Ihnen in einer schwierigen Situation Sicherheit geben und Ihren Genesungsprozess unterstützen kann. Die Broschüre wurde in Zusammenarbeit mit Frau Dr. Maria-Luise Plank erstellt. MIT CHECKLISTE: VORBEREITUNG AUF IHR ÄRZTLICHES GESPRÄCH Patienten-/Patientinnenrechte Diagnose & Therapieentscheidung 14 Freie Arzt-/Ärztinnenwahl 12 Zweitmeinung 08 Therapieentscheidung, Therapiefreiheit und Patienten-/Patientinnenautonomie 06 Recht auf Information 2 Inhaltsverzeichnis

Inhalt 42 Rehabilitationsgeld 43 Wiedereingliederungsgeld 44 Berufsunfähigkeitspensionen 44 Medizinische Rehabilitation 46 Kuraufenthalte 47 Berufliche Rehabilitation Umschulung 48 Behindertenpass 50 Anlaufstellen Nachsorge Therapie 16 Behandlung und Pflege 18 Recht auf optimale/ zweckmäßige Therapie 20 „Selbstbestimmung“ in der Praxis 22 Versorgung mit Medikamenten 24 Chefärztliche Bewilligung - ABS-System 26 Rezeptgebühr und -befreiung 28 ELGA, E-Medikation und E-Rezept 32 Telemedizin 34 Heilbehelfe und Hilfsmittel 36 Kassenerstattung – Durchsetzung von Rechten 38 Unterstützung durch Krankengeld 40 Pflegegeld bei länger dauernder Hilfsbedürftigkeit 3 Inhaltsverzeichnis

Patient:in und Arzt/Ärztin funktionieren nur als Team gut. Ein Team, das partizipativ Entscheidungen findet und trifft, auch entsprechend der mit ihren Rollen verknüpften Erwartungen – und transparent die wichtigsten Informationen austauscht: je besser die Patienten/Patientinnen informiert sind, desto besser werden sie auch die empfohlenen Behandlungen mittragen. Darauf zu schauen, dazu sind wir als Ärzte/Ärztinnen verpflichtet. Und je offener die Patienten/Patientinnen mit uns Ärzten/Ärztinnen kommunizieren, desto leichter wird es uns fallen, sensibel auf deren Bedürfnisse einzugehen. Dazu gehört auch, eine gesamtheitliche Sicht auf die Erkrankung und das biopsychosoziale Krankheitsbild miteinzubeziehen – dementsprechend sind biologische, psychische und soziale Faktoren für sich genommen und in ihren komplexen Wechselwirkungen zu berücksichtigen. Dr. Johannes Steinhart Präsident der Österreichischen Ärztekammer Patient:in und Arzt/Ärztin als Team Vorwort 4 Vorwort

Alle Patienten/Patientinnen müssen sich darauf verlassen können, dass bei jeder medizinisch notwendigen Maßnahme an Körper, Geist und Seele der eigene Wille entscheidend ist und dass die Würde in jeder Situation gewahrt bleibt. Viele Menschen sehen sich aber als Patient:in ihren Helfern gegenüber in einer schwächeren Position. Mit den Patienten-/Patientinnenrechten wird konsequent eingefordert und verfolgt, dass jede:r Patient:in in seiner/ihrer Behandlung und Pflege als gleichwertige:r Partner:in in seinem/ihrem Heil- und Pflegeprozess anzusehen ist. Besonders die Vorstellung, einmal Patient:in zu werden, soll keine angsterregende Aussicht sein. Die Patienten-/Patientinnenrechte müssen mit Wort und Tat erfüllt werden und in der täglichen Praxis der Gesundheitsberufe umgesetzt werden. Entscheidungen im Behandlungsprozess gründen sich auf die Patienten-/Patientinnenrechte. Aufgeklärte Patienten/Patientinnen haben, wie viele Studien zeigen, einen besseren Behandlungserfolg als Patienten/Patientinnen, die ihre Rechte nicht kennen. Aufgeklärte Patienten/Patientinnen können im Behandlungsprozess optimal partizipieren und ihre jeweiligen Vorstellungen und Bedürfnisse bestens einbringen. Dr. Gerald Bachinger Patienten-/Patientinnenanwalt Besserer Behandlungserfolg durch aufgeklärte Patienten/Patientinnen Patienten-/Patientinnenrechte sind in einem modernen und gut funktionierenden Gesundheitssystem wesentliche Eckpfeiler. Sie schützen und unterstützen Patienten/Patientinnen und garantieren eine bestmögliche Behandlung aller Menschen in Österreich. Damit Patienten-/Patientinnenrechte wahrgenommen und auch eingefordert werden können, braucht es informierte, aufgeklärte und mündige Patienten/Patientinnen. Voraussetzung dafür sind eine umfassende und verständliche Aufklärung und Informationsvermittlung. Das persönliche Beratungsgespräch zwischen Apothekern/Apothekerinnen und Patienten/Patientinnen über die individuelle Medikation und Möglichkeiten zur Gesundheitsvorsorge fördert und stärkt gezielt die Patienten-/Patientinnenrechte. Mag. pharm. Dr. Ulrike Mursch-Edlmayr Präsidentin der Österreichischen Apothekerkammer Für eine bestmögliche Behandlung 5 Vorwort

Diagnose & Therapieentscheidung Als Patient:in haben Sie das Recht auf die „Wahrheit am Krankenbett“. Das bedeutet, dass Sie der/die Arzt/Ärztin über eine gesicherte Diagnose aufklären muss. Auch eine Verdachtsdiagnose muss Ihnen der/die Arzt/Ärztin mitteilen und Sie darüber informieren, welche weiteren notwendigen Abklärungsschritte gemacht werden sollen. Sind weitere Untersuchungen, Konsultationen anderer Fachärzte/-ärztinnen oder spezielle Untersuchungen notwendig, muss Ihnen der/die Arzt/Ärztin Überweisungen ausstellen und Fachärzte/-ärztinnen, Institute oder Spitäler bekanntgeben. Kommen Sie aufgrund einer Erkrankung zu einem/einer Arzt/Ärztin, wird diese:r versuchen, anhand eines ärztlichen Behandlungsgesprächs einer körperlichen Untersuchung spezieller Tests bildgebender Verfahren (Röntgen, Ultraschall, MR, CT) oder Laboruntersuchungen eine Diagnose zu stellen. Die korrekte und umfassende Diagnose ist der erste wichtige Schritt für eine richtige Behandlung. RECHT AUF INFORMATION 6 Recht auf Information

Checkliste Diagnose Handelt es sich um eine gesicherte Diagnose? Bei Verdachtsdiagnose: Wie geht es weiter? Welche Untersuchungen oder Tests sind noch durchzuführen? Stehen mir alle Testergebnisse zur Verfügung? (z.B. Laborwerte, CT, MR, Röngtenbilder, EEG, EKG, ENG, histologischer oder zytologischer Befund) Gibt es eine Sprachbarriere? Wäre es eventuell besser, das Aufklärungsgespräch mit einem/einer Dolmetscher:in zu führen? Habe ich die Diagnose verstanden? Was bedeutet sie künftig für meinen Alltag? Tipp In der elektronischen Gesundheitsakte ELGA finden Sie alle Befunde online in Ihrem Account. Ärzte/Ärztinnen unterliegen der Aufklärungspflicht und Bringschuld. Was bedeutet das? Ärzte/Ärztinnen sind dazu verpflichtet, von sich aus Patienten/Patientinnen sämtliche Informationen und Befunde der Krankenakte mitzuteilen, zu erläutern und in Kopie zur Verfügung zu stellen. info AUFKLÄRUNGSPFLICHT & BRINGSCHULD 7 Recht auf Information

Das Verhältnis zwischen Arzt/Ärztin und Patient:in ist ein ungemein wichtiger Faktor. Ein:e Arzt/Ärztin darf nicht einfach entscheiden, welche Therapie Sie machen müssen. Sie haben als Patient:in das Recht auf Selbstbestimmung. Das bedeutet, dass jeder Eingriff und jede Behandlung nur mit Ihrer Einwilligung durchgeführt werden darf. Deshalb fällt der/die Arzt/Ärztin diese Entscheidung mit Ihnen gemeinsam. Dieses Konzept des „Shared Decision Making“ sieht sowohl für Arzt/Ärztin als auch Patient:in eine aktive Rolle im Entscheidungsprozess vor. Beide Seiten stellen Fragen und müssen über alle entscheidungsrelevanten Faktoren informiert sein. Mehr Informationen zum Thema Shared Decision Making finden Sie in der Online-Schulung: Gute Entscheidungen treffen – ärztliches Behandlungsgespräch info https://selpers.com/blutkrebs/gute-entscheidungentreffen-arzt-patienten-gespraech/ Shared Decision Making THERAPIEENTSCHEIDUNG, THERAPIEFREIHEIT UND PATIENTEN-/PATIENTINNENAUTONOMIE 8 Therapieentscheidung, Therapiefreiheit und Patienten-/Patientinnenautonomie

ein umfassendes Bild über die zur Verfügung stehenden Therapien die Vor- und Nachteile der Therapie die Erfolgsaussichten und Rückfallquoten der Therapie die Folgen einer „Nicht-Behandlung“ die Intensität der Behandlung/des Eingriffs die Dauer der Behandlung/des Eingriffs die erforderlichen Nach- und Weiterbehandlungen die begleitenden Maßnahmen die Rehabilitationsmöglichkeiten gegebenenfalls die Dauer der Arbeitsunfähigkeit Hinweise und Aufklärung zu einer erforderlichen Ernährungsumstellung Wie kann ich mich für eine Therapie/ eine Operation entscheiden? Der/die Arzt/Ärztin muss das Für und Wider jeder in Frage kommenden therapeutischen Maßnahme so erläutern, dass Sie in der Lage sind, die Tragweite Ihrer Entscheidung zu verstehen. Hierfür ist eine korrekte Therapieaufklärung durch den/die Arzt/Ärztin Grundvoraussetzung. Diese Therapieaufklärung muss mündlich und zeitgerecht vor Therapiebeginn stattfinden. Das Überreichen eines Auf- klärungsbogens allein reicht nicht aus. Eine umfassende Therapieaufklärung sollte folgende Punkte umfassen: 9 Therapieentscheidung, Therapiefreiheit und Patienten-/Patientinnenautonomie

Stehen verschiedene Therapien zur Verfügung, muss Sie der/die Arzt/Ärztin über Wichtigkeit und Dringlichkeit der Behandlung informieren und Ihnen mitteilen, wie lange eine Überlegungsfrist ohne gesundheitliche Schäden durch Therapieverzögerung möglich ist. Habe ich alle wichtigen Informationen für eine Therapieentscheidung? Kenne ich alle in Frage kommenden Therapiemöglichkeiten? Was sind die Vor- und Nachteile der einzelnen Optionen? Welche Kriterien sind für mich von besonderer Bedeutung? Welche Therapiemöglichkeit erfüllt die meisten meiner Anforderungen an eine Therapie? Bin ich sicher in meiner Entscheidung oder möchte ich vor der Therapie noch eine zweite Meinung einholen? 10 Therapieentscheidung, Therapiefreiheit und Patienten-/Patientinnenautonomie

Selbstbewusstes Auftreten im ärztlichen Behandlungsgespräch Als Patient:in begibt man sich bei einer ärztlichen Konsultation immer in ein Abhängigkeitsverhältnis. Sie sind auf die Hilfe des/der Arztes/Ärztin angewiesen und sind kein:e Experte/Expertin auf dem Gebiet der Medizin. Daraus entstehen oft Unsicherheiten und Herausforderungen. info In dieser Online-Schulung lernen Sie, wie Sie selbstbewusst in ein Gespräch mit Ihrem/Ihrer Arzt/Ärztin gehen können. https://selpers.com/kurs/selbstbewusstes-auftreten-alspatientin/ Worüber muss mich der/die Arzt/Ärztin aufklären, wenn er/sie mir ein neues Medikament verschreibt? Vor Therapiebeginn mit einem neuen Arzneimittel achten Sie darauf, dass Ihr:e Arzt/Ärztin Sie über folgende Punkte aufgeklärt hat: Empfohlene Dosierung Dauer der Einnahme Unverträglichkeiten und Nebenwirkungen Folgen einer Nicht-Einnahme Wichtig: Der bloße Verweis des/der Arztes/Ärztin auf den Beipackzettel ist NICHT ausreichend. 11 Therapieentscheidung, Therapiefreiheit und Patienten-/Patientinnenautonomie

Sollten vor Beginn einer geplanten Therapie oder einer Operation Ihrerseits Unsicherheiten oder Zweifel bestehen, haben Sie die Möglichkeit, sich von weiteren Fachärzten/-ärztinnen eine Zweitmeinung einzuholen. Die erneute Begutachtung und Einschätzung Ihrer Krankheitssituation kann Ihnen Absicherung und Orientierung in Ihren Entscheidungen bringen. Prinzipiell können Sie zu einem Thema so viele Ärzte/Ärztinnen konsultieren, wie Sie möchten. Bezogen auf die Finanzierung sollten Sie aber beachten, dass die österreichischen Krankenkassen derzeit die Einholung einer Zweitmeinung nicht als Kassenleistung akzeptieren. Das bedeutet: Sie haben das Recht, ohne Überweisung 1x im Quartal eine:n Allgemeinmediziner:in und eine:n Facharzt/-ärztin pro Fachrichtung aufzusuchen. Zu diesen können Sie innerhalb des Quartals so oft gehen, wie es notwendig ist. Möchten Sie jedoch innerhalb eines Quartals den/die Arzt/Ärztin wechseln oder eine Zweitmeinung einholen, müssen Sie vorher Ihre e-card bei der Krankenkasse freischalten lassen, um eine Kassenfinanzierung sicherzustellen. Wer trägt die Kosten einer Zweitkonsultation? ZWEITMEINUNG 12 Zweitmeinung

Was halten Sie von der Therapieempfehlung der anderen Ärzte/Ärztinnen? Welche Behandlung empfehlen Sie mir? Welche Belastungen habe ich zu erwarten? Was kann gegen die Schmerzen getan werden? Müssen zusätzliche Therapien durchgeführt werden oder gibt es Verhaltensempfehlungen? Führt die Behandlung dazu, dass ich körperlich eingeschränkt bin? Welche alternativen Therapien sind möglich und kann ich diese parallel erhalten? Kann es geschehen, dass meine Behandlung abgebrochen werden muss? Wenn ja, gibt es dann andere Möglichkeiten? Habe ich alle relevanten Befunde und Untersuchungsergebnisse für den Termin? Steht eine Kopie meiner Krankengeschichte meinen behandelnden Ärzten/Ärztinnen zur Verfügung? Was ist meine derzeitige Medikation/derzeitige Behandlung? Mögliche Fragen an zweitbegutachtende Ärzte/Ärztinnen: Diese Checkliste hilft Ihnen dabei, vorbereitet in die Zweitkonsultation zu gehen: 13 Zweitmeinung

In Österreich besteht das Recht auf freie Ärzte-/Ärztinnenwahl. Demnach können Patienten/Patientinnen wählen, von welchem/welcher Arzt/Ärztin (Kassenarzt/-ärztin oder Privat- bzw. Wahlarzt/-ärztin, siehe unten) sie behandelt werden möchten. Sofern die Behandlung in einer Krankenhausambulanz oder einer anderen Gesundheitseinrichtung notwendig wird, kann auch hier unter geeigneten gewählt werden. Was ist der Unterschied zwischen Kassenärzten/ -ärztinnen und Privat- bzw. Wahlärzten/-ärztinnen? Kassenarzt/-ärztin haben einen Vertrag mit einer österreichischen Krankenkasse. Dieses Vertragsverhältnis bedeutet für Patienten/Patientinnen, dass sie die Behandlung nicht selbst bezahlen müssen, da der/die Arzt/ Ärztin diese direkt mit der Krankenkasse abrechnet. Privat- oder Wahlärzte/-ärztinnen haben keinen Vertrag mit einer Krankenkasse. Patienten/Patientinnen müssen die Behandlung selbst bezahlen und bekommen nach Einreichung der Honorarnote bei ihrer Krankenkasse einen Teilbetrag rückerstattet, sofern es sich um eine Kassenleistung handelt. Je nach Leistung und Krankenkasse kann dieser Betrag variieren. FREIE ÄRZTE-/ÄRZTINNENWAHL 14 Freie Ärzte-/Ärztinnenwahl

Haben Sie eine Handysignatur, können Sie Ihre Honorarnote ohne Antrag online unter www.meinesv.at einreichen oder über die SVS-App www.svs.at. Die App MeineSV funktioniert wie die Online-Einreichung. Den Antrag auf Kostenerstattung können Sie unter www.sozialversicherung.at downloaden und per Post an Ihre Krankenversicherung schicken. Wie kann ich die Honorarnote meines/meiner Wahlarztes/-ärztin für eine Rückerstattung einreichen? Auch Ihre Wahlarztrechnung können Sie bei Ihrer Krankenkasse einreichen. Unabhängig von der tatsächlichen Höhe Ihrer Rechnung erhalten Sie maximal 80% des Betrages zurück, den ein:e Kassenarzt/-ärztin von der Krankenkasse für dieselbe Tätigkeit erhalten würde. Tipp Reichen Sie die Rechnung Ihres/ Ihrer Privat- oder Wahlarztes/Wahlärztin nicht nur bei Ihrer staatlichen Krankenversicherung, sondern auch – falls vorhanden – bei Ihrer privaten Zusatzversicherung ein. In vielen Fällen wird der restliche Differenzbetrag übernommen. Fallbeispiel Fallbeispiel EKG Ihr Wahlarzt verrechnet Ihnen für das EKG z.B. EUR 80 Ein:e Kassenarzt/-ärztin würde für ein EKG erhalten EUR 42,06 Die Krankenkasse erstattet Ihnen für Ihr EUR 33,65 EKG beim Wahlarzt (=80% von EUR 42,06) Online oder per SVS-App Per Post 15 Freie Ärzte-/Ärztinnenwahl

Therapie Ihr:e Arzt/Ärztin hat Ihnen eine Diagnose gestellt und Sie haben sich gemeinsam für eine Therapie entschieden. Während der Behandlung haben Sie als Patient:in sowohl Rechte als auch Pflichten. Persönlichkeitsrechte Während Sie sich in medizinischer Behandlung oder Pflege befinden, müssen Ihre Persönlichkeitsrechte und Ihre Menschenwürde gewahrt sein. Das beinhaltet das Recht auf: BEHANDLUNG UND PFLEGE • eine rücksichtsvolle Behandlung • eine ausreichende Wahrung der Privatsphäre, auch in Mehrbetträumen • Geheimhaltung und Vertraulichkeit • fachgerechte und möglichst schmerzarme Behandlung und Pflege • Aufklärung und Information über Behandlungsmöglichkeiten und Risiken • Zustimmung zu oder Verweigerung der Behandlung • Einsicht in die Krankengeschichte bzw. Ausfertigung einer Kopie • Erhalt medizinischer Informationen durch zur selbständigen Berufsaus- übung berechtigte Ärzte/Ärztinnen in möglichst verständlicher und schonungsvoller Art • ausreichende Besuchs- und Kontaktmöglichkeiten mit nahestehenden Personen • Kontakt mit Vertrauenspersonen im Fall nachhaltiger Verschlechterung des Gesundheitszustandes – auch außerhalb der Besuchszeiten • eine möglichst kindergerechte Ausstattung der Krankenräume für Kinder, die stationär versorgt werden müssen • religiöse Betreuung und psychische Unterstützung • eine vorzeitige Entlassung • Ausstellung eines Patienten-/Patientinnenbriefes • ein würdevolles Sterben und Kontakt mit Vertrauenspersonen 16 Behandlung und Pflege

Um einen optimalen Genesungsprozess zu garantieren, haben Sie als Patient:in nicht nur Rechte, sondern auch bestimmte Pflichten. Pflichten als Patient:in Tipp Die Einhaltung dieser Pflichten ist wichtig, da bei Schaden durch Nichtbeachten der Pflichten auch das Recht auf Schadenersatz wegen Mitverschuldens in der Höhe gekürzt werden kann. Therapietreue Behandlungen wirken am besten, wenn die Therapie- anordnungen der Behandler:innen eingehalten werden. Zusammenarbeit mit ärztlichem und Pflegepersonal Sollte ein Behandlungsfehler passiert sein, gibt es im Rahmen des Zumutbaren die Pflicht, sich Nachbehandlungen zu unterziehen, um Spätfolgen oder weitere Beeinträchtigungen zu vermeiden. Informieren Sie sich auch über Patienten- entschädigungsfonds. Inanspruchnahme von Hilfe (Notarzt/-ärztin oder Klinik), wenn Komplikationen nach einer Behandlung auftreten. 17 Behandlung und Pflege

Nach österreichischem Sozialversicherungsrecht haben Sie als Patient:in ein Recht auf eine ausreichende und zweckmäßige Krankenbehandlung, die das Maß des Notwendigen nicht übersteigt. Unter einer zweckmäßigen Krankenbehandlung versteht man eine Behandlung durch „Therapien am Stand der Medizin“. Dazu zählen jene Therapien, die in Richtlinien von Fachkreisen oder medizinischen Schulen empfohlen werden. Meist handelt es sich dabei um Therapien der sogenannten Schulmedizin oder evidenzbasierten Medizin, die den Beweis der Wirksamkeit durch klinische Studien fordert. Welche Therapiekosten müssen von der Krankenkasse übernommen werden? Die Krankenkasse muss die Kosten für jene Therapien tragen, die: RECHT AUF OPTIMALE/ZWECKMÄSSIGE THERAPIE objektiv zur Wiederherstellung Ihrer Gesundheit dienen. Bevorzugt werden jene Therapien mit dem größten Erfolg, rascherer Wirksamkeit, geringerem Risiko oder geringeren Schmerzen. Dies gilt auch dann, wenn alternative Therapien, die nicht in allen Kriterien vergleichbar sind, kostengünstiger wären, eine Verschlechterung des Gesundheitszustands verzögern oder vermeiden, zur Verlängerung des Lebens dienen. Bei der Kostenerstattung von Therapien durch die Sozialversicherung gilt das Ökonomieprinzip. Das bedeutet, dass die Krankenkasse bei gleichwertigen The- rapien auf die kostengünstigere Alternative verweisen darf. Dennoch ist immer das Maß der Betroffenheit der Patienten/Patientinnen ausschlaggebend. Die Umstände (Gesundheitszustand, Beruf, Lebenssituation) müssen berücksichtigt werden. 18 Recht auf optimale/zweckmäßige Therapie

Welche Therapien werden nicht von der Krankenkasse übernommen? Von der Krankenkasse müssen zum z.B. jene Therapien nicht bezahlt werden, die nicht am Stand der Medizin sind oder die als „Life-StyleMedizin“ gelten. Als Beispiel wären hier etwa die medizinisch nicht erforderliche Korrektur der Fehlsichtigkeit durch Laseroperationen oder Maßnahmen gegen altersbedingten Haarverlust zu nennen. Auch Therapieformen der Alternativ- oder Komplementärmedizin werden großteils nicht von der Krankenkasse übernommen, da häufig keine Wirksamkeit in klinischen Studien nachgewiesen wurde. Ärzte/Ärztinnen und öffentliche Krankenanstalten dürfen Patienten/Patientinnen auch ablehnen, allerdings nur, wenn es sich um zeitlich nicht sehr dringliche und planbare Therapien handelt. Notfälle und zeitkritische Behandlungen müssen aber jedenfalls durchgeführt werden. So ist es möglich, dass für eine:n Diabetiker:in in seiner/ ihrer Lebenssituation eine kostengünstigere Insulin- pumpen-Therapie zumutbar ist, während für andere Patienten/Patientinnen aus beruflichen oder sonstigen Umständen ein teures Glucosemonitoring-Gerät zweckmäßig ist. Beispiel Zur evidenzbasierten Medizin zählen jene Therapieformen oder Arzneimittel, deren Wirkung durch klinische Studien nachgewiesen wurde (www.ema.europa.eu/en). Alternativ- oder Komplementärmedizin ist eine Ergänzung zur evidenzbasierten Medizin. Hierzu zählen Therapieformen oder Arzneimittel, deren Wirkung wissenschaftlich nicht nachgewiesen werden kann, sondern auf Erfahrung und subjektiver Beurteilung von Patienten/ Patientinnen und Behandler:innen beruht. info 19 Recht auf optimale/zweckmäßige Therapie

Das Recht auf Selbstbestimmung ist ein zentrales Menschenrecht und greift auch im medizinischen Bereich. Kann ich auf bestimmte Therapien bestehen? Der Oberste Gerichtshof steht auf dem Standpunkt, dass der Wunsch des/der betroffenen Patienten/Patientin nicht außer Acht gelassen werden darf (vgl. dazu OGH 10 ObS 112/94 = SZ 67/76; 10 ObS 113/94 = SSV-NF 8/44; 10 ObS 409/02y). Das Wort des/der Patienten/Patientin hat dann Gewicht, wenn die möglichen Therapien unterschiedlich belastend sind. SELBSTBESTIMMUNG IN DER PRAXIS Obwohl der Arzt einer Patientin für ihre Probleme mit Krampfadern die Methode Stripping (klassische operative Entfernung von Krampfadern) als erste Wahl empfahl, entschied sie sich für die insgesamt teurere Methode Sklerotherapie (chemisches Verfahren zum Veröden von Krampfadern). Die Kasse lehnte die Übernahme der Kosten zunächst mit einem Hinweis auf die höheren Kosten ab. In einem Gerichtsverfahren vor dem Arbeits- und Sozialgericht entschied der Oberste Gerichtshof schlussendlich, dass die Krankenkasse in diesem konkreten Fall dem Wunsch der Patientin nach Sklerotherapie nachkommen und für die Therapie die Kosten übernehmen muss. Fallbeispiel 20 Selbstbestimmung in der Praxis

Kann ich mich auf Kosten einer österreichischen Krankenkasse im Ausland behandeln lassen? Es besteht kein genereller Anspruch auf die weltbeste medizinische Versorgung. Eine Behandlung im Ausland ist von den Krankenkassen dann zu bezahlen, wenn eine gleichwertige Therapiemöglichkeit in Österreich nicht oder nicht rechtzeitig zur Verfügung steht. Eine Kostenübernahme der Sozialversicherung für eine Behandlung im Ausland ist im Vorhinein genehmigen zu lassen. Dazu benötigen Sie eine schriftliche Begründung Ihres/Ihrer Behandler:in, warum die Behandlung in Österreich nicht möglich ist. In der Bestätigung sind bereits ein:e bestimmte:r Arzt/Ärztin und eine namentlich genannte Behandlungseinrichtung im Ausland anzugeben. Ausschlaggebend war hier, dass die von der Patientin abgelehnte Methode eine Narkose mit stationärem Aufenthalt bedeutete, während für die gewählte Methode nur ein ambulanter Eingriff ohne Narkose notwendig war. Somit wäre eine Therapie durch Stripping wesentlich belastender für die Patientin gewesen als eine Sklerotherapie. 21 Selbstbestimmung in der Praxis

Aus dem Recht auf Krankenbehandlung ergibt sich, dass Kosten für Arzneimittel grundsätzlich von der Krankenkasse übernommen werden müssen. Auch hier gilt – wie bei den bisher beschriebenen Therapien – das Ökonomieprinzip. Folgende Praxisbeispiele wurden wie folgt vor Gericht entschieden: Vorbeugung ist besser als Akutbehandlung: Die „vorbeugende“ Behandlung zur Reduzierung von Entzündungen ist für Patienten/Patientinnen weniger belastend und mit der Würde des Menschen besser vereinbar als auf eine Entzündung warten zu müssen, welche dann mit Antibiotika zu behandeln ist. Die Weiterbehandlung von an Krebs erkrankten Personen nach erfolgreich durchgeführter Chemotherapie zwecks Verlängerung der Dauer des Anhaltens von krankheitsfreien Perioden ist nicht nur Prävention, sondern Krankenbehandlung. Patienten/Patientinnen ist es nicht zuzumuten, „untätig“ bis zum allfälligen Wiederaufleben des Tumors zuzuwarten, um sich dann wieder einer belastenden Chemotherapie unterziehen zu müssen. Sicherheit geht vor: Patienten/Patientinnen haben einen Anspruch auf ein teureres Fertigarzneimittel, weil hier das Kontaminations- und damit Infektionsrisiko am geringsten ist. Die Kasse darf daher nicht auf von Ärzten/Ärztinnen selbst zu mischende Lösungen verweisen, selbst wenn diese kostengünstiger sind. VERSORGUNG MIT MEDIKAMENTEN Welche Arzneimittelkosten übernimmt die Krankenkasse? Für die Kostenübernahme von Arzneimitteln gibt es einen gesetzlich geregelten Erstattungskodex (EKO). Arzneimittel werden in verschiedene Bereiche eingeteilt, ähnlich einem Ampelsystem (siehe Grafik Seite 23). 22 Versorgung mit Medikamenten

Roter Bereich: Im roten Bereich befinden sich jene Medikamente, für die noch kein Eintrag im EKO besteht, allerdings bereits ein Antrag auf Aufnahme läuft. Bei einer ärztlichen Bewilligung werden die Kosten für die Medikamente übernommen. Gelber Bereich: Medikamente aus dem gelben Bereich werden nur unter bestimmten Bedingungen erstattet. Manche Arzneimittel aus dem gelben Bereich müssen vorab chefärztlich bewilligt werden. Grüner Bereich: Medikamente aus dem grünen Bereich bekommen Sie als Patient:in frei verschrieben. Ausgenommen sind indikationsbezogene Medikamente, die nur dann frei verschreibbar sind, wenn Sie eine bestimmte Diagnose haben. Einige Medikamente aus dem grünen Bereich können nur von einem/einer bestimmten Facharzt/-ärztin verschrieben werden. No Box / Negativliste: Medikamente aus dem Bereich No Box oder Negativliste werden im Regelfall von der Krankenkasse nicht übernommen. Ihr:e Arzt/Ärztin kann Ihnen für diese Medikamente allerdings ein Privatrezept ausstellen. In der Apotheke müssen Sie für dieses Medikament den Apothekenverkaufspreis zahlen. Sollte für die Behandlung einer Erkrankung kein Produkt aus dem Erstattungskodex geeignet oder nur unzureichend sein, besteht für No Box- oder Negativlisten-Medikamente die Möglichkeit einer Einzelfallerstattung durch chefärztliche Bewilligung. Der Erstattungskodex Tipp Ob bzw. unter welchen Bedingungen ein Medikament von der Krankenkasse bezahlt wird, können Sie ganz einfach online im Infotool des Erstattungskodexes unter www.sozialversicherung.at oder in der App EKO2go nachschlagen. 23 Versorgung mit Medikamenten

„Das Rezept läuft, nicht der Patient!“ Mit diesem Spruch haben die Krankenkassen die Einführung des Arzneimittel-Bewilligungs- Service, kurz ABS, beworben. Ärzte/Ärztinnen wurden verpflichtet, für Patienten/Patientinnen über das e-card-System elektronisch die Bewilligungen chefärztlich bewilligungspflichtiger Medikamente einzuholen. Die Kassen müssen innerhalb der Geschäftszeiten binnen 30 Minuten antworten. Sie gehen mit Ihrer e-card zu Ihrem/Ihrer Arzt/Ärztin und wollen sich Ihr bewilligungspflichtiges Medikament verschreiben lassen. Ihr:e Arzt/Ärztin beantragt über das ABS-System die Bewilligung, auf die Sie maximal 30 Minuten warten müssen. Der/die Arzt/Ärztin erhält dann über das ABS-System die Antwort, ob das Medikament bewilligt wurde oder nicht. Je nachdem kann er/sie Ihnen dann ein Rezept ausstellen, für das Sie in der Apotheke nur mehr die Rezeptgebühr und nicht den vollen Preis bezahlen müssen. Für eine abgelehnte Be- willigung geben die Chefärzte/-ärztinnen eine Begründung an. Ihr:e Arzt/ Ärztin kann nun versuchen, durch eine angepasste erneute Einreichung das Medikament bewilligen zu lassen. Die richtige Begründung des/der Arztes/Ärztin, warum Sie ein bestimmtes Medikament benötigen, ist oft der Schlüssel für eine erfolgreiche Bewilligung. Rückmeldung Verschreibung Ablehnung Wie läuft eine „chefärztliche Bewilligung“ ab? CHEFÄRZTLICHE BEWILLIGUNG – ABS-SYSTEM 24 Chefärztliche Bewilligung – ABS-System

Was machen Chefärzte/-ärztinnen? Der chef- und kontrollärztliche Dienst ist eine Kostenkontrollstelle und darf in die Beziehung zwischen Arzt/Ärztin und Patient:in nicht eingreifen. Die Chefärzte/-ärztinnen treffen keine medizinischen, sondern Kostenentscheidungen. Eine Therapie darf nur abgelehnt werden, wenn es eine gleichwertige kosten- günstigere Alternative gibt. Im Rahmen des Antrags auf chefärztliche Bewilligung sollte daher von dem/der Arzt/Ärztin erklärt werden, warum der/die Patient:in genau dieses Arzneimittel oder diese Therapie benötigt und keine billigere Alternative in Frage kommt. Gründe könnten etwa sein, dass die kostengünstigere Variante nicht gewirkt hat, wegen Nebenwirkungen zu risikoreich ist oder der/die Patient:in aufgrund bestimmter persönlicher Eigenschaften für diese Therapie nicht in Frage kommt. Langzeitbewilligung Sollte Ihr:e Arzt/Ärztin davon ausgehen, dass Sie ein bewilligungspflichtiges Medikament über einen längeren Zeitraum einnehmen müssen, kann er/sie über das ABS-System eine Langzeitbewilligung einholen. Das bedeutet, dass Ihnen ein Medikament für 3, 6 oder 12 Monate bewilligt wird. Reicht eine Packung Ihres Medikaments also beispielsweise für einen Monat und Sie bekommen eine Langzeitbewilligung für 6 Monate, steht Ihnen ein Kontingent von 6 Packungen zur Verfügung. Sie müssen somit nicht jeden Monat auf eine Bewilligung warten, sondern Ihr:e Arzt/Ärztin kann Ihnen ein Rezept ausstellen, das von Ihrem Kontingent abgebucht wird. Ist Ihr Kontingent aufgebraucht und Sie müssen das Medikament weiter einnehmen, kann erneut eine Langzeitbewilligung beantragt werden. Genaue Infos zum Thema „Chefärztliche Bewilligung“ gibt es für Sie unter info https://selpers.com/lektion/mehr-durchblick-bei-sozialversicherung-und-bewilligungen-chefaerztlichebewilligung/ 25 Chefärztliche Bewilligung – ABS-System

Darüber hinaus gibt es eine Rezeptgebührenobergrenze in Höhe von 2 % des Jahresnettoeinkommens (ohne Sonderzahlungen) der versicherten Person. Ab Überschreiten dieser Grenze sind Versicherte automatisch für den Rest des Jahres von der Rezeptgebühr befreit. Arzneimittel werden im Rahmen der Krankenbehandlung nicht zu 100 % von der Sozialversicherung übernommen. Pro Packung haben Patienten/Patientinnen einen Selbstbehalt in Form der Rezeptgebühr zu bezahlen. Diese beläuft sich für das Jahr 2023 auf EUR 6,85. Genauere Informationen dazu finden Sie in der Info-Box auf Seite 27. Eine generelle Rezeptgebührenbefreiung ohne Antrag bekommen: Personen mit anzeigepflichtigen übertragbaren Krankheiten Zivildiener und deren Angehörige Asylwerber:innen in Bundesbetreuung Ausgleichszulagenbezieher:innen REZEPTGEBÜHR UND -BEFREIUNG 26 Rezeptgebühr und -befreiung

Einen Antrag auf generelle Rezeptgebührenbefreiung können Sie bei der zuständigen Kasse beantragen. Ihr monatliches Nettoeinkommen darf folgende Richtwerte 2023 nicht übersteigen: Richtwerterhöhung pro mitversichertem Kind Ehepaare bzw. Lebensgemeinschaften mit erhöhtem Medikamentenbedarf Ehepaare bzw. Lebensgemeinschaften Alleinstehende mit erhöhtem Medikamentenbedarf Alleinstehende 1.110,26 Euro 1.276,80 Euro 1.751,56 Euro 2.014,29 Euro 171,31 Euro Wie aus der Reihung hervorgeht, muss das Einkommen der Ehegatten, Ehegattinnen oder Lebenspartner:innen hinzugerechnet werden. Einkommen von sonstigen im Haushalt lebenden Personen werden mit 12,5 % berücksichtigt. https://www.sozialversicherung.at/cdscontent/?contentid=10007.845562&portal=svportal info Eine Übersicht über aktuelle Werte finden Sie unter: 27 Rezeptgebühr und -befreiung

ELGA ELGA (Elektronische Gesundheitsakte) ist ein modernes Informationssystem und soll Patienten/Patientinnen und behandelnden Personen den Zugang zu Gesundheitsdaten erleichtern. Für dieses System gelten die höchsten Sicherheitsstandards (eigene Gesundheitsnetze, Verschlüsselung der Daten). Auskunft: Österreichische Patienten/Patientinnen haben jederzeit das Recht auf Auskunft über die in ELGA gespeicherten Daten. Über Ihren ELGA-Online-Zugang können Sie Ihre Daten wie folgt verwalten: • Ein- und Ausblenden Ihrer Daten • Löschen Ihrer Daten • Verwaltung von Zugriffsberechtigungen (z.B. Sperre bestimmter Ärzte/Ärztinnen) • Korrektur und Richtigstellung Ihrer Daten Opt-out: Sie können Ihrer Teilnahme an ELGA jederzeit zur Gänze oder teilweise widersprechen. Das ELGA-Gesetz garantiert, dass Patienten/Patientinnen, die an ELGA nicht teilnehmen, keine Nachteile erleiden dürfen. Welche Daten werden derzeit in ELGA gespeichert? Tipp Für technische Unterstützung steht eine Telefon-Hotline zur Verfügung: ELGA-Serviceline 050 124 4411. Entlassungsbriefe von Krankenanstalten Laborbefunde Befunde bildgebender Diagnostik (CT, MR, Röngten etc.) Medikationsdaten 28 ELGA, E-Medikation und E-Rezept

Mit diesem Formular können Sie Änderungen vornehmen oder Einsicht in Ihre ELGA-Akte anfordern: https://www.gesundheit.gv.at/dam/jcr:0e777915-d284492d-a3fa-f3f5a5c26a3b/Ausuebung_meiner_ELGA-Teilnahmerechte_V_2.4.pdf info Pro Bundesland gibt es eine ELGA-Ombudsstelle. Diese sind online zu finden unter: www.gesundheit.gv.at/gesundheitsleistungen/elga/elga-ombudsstelle.html Die E-Medikation ist eine Teilanwendung der Elektronischen Gesundheitsakte ELGA. Hier werden ärztlich verordnete, in der Apotheke gekaufte Medikamente und ähnliche Produkte für ein Jahr gespeichert. Wozu dient die E-Medikation? Ärzte/Ärztinnen sind verpflichtet, verordnete Medikamente in der E-Medikation zu speichern. Die behandelnden Ärzte/Ärztinnen können Ihre Medikationsliste einsehen und haben damit eine zusätzliche Entscheidungsgrundlage für Diagnostik- und Therapieempfehlungen. Durch Scannen des Codes auf einem Rezept kann die Apotheke die ärztliche Verordnung auslesen und die Abgabe der verordneten Medikamente in ELGA speichern. Durch Stecken der e-card kann die Apotheke auch rezeptfreie Medikamente, die wechselwirkungsrelevant sind, eintragen. Die E-Medikationsliste enthält alle abgeholten und offenen Rezepte samt Medikamentennamen. Wer hat Zugriff auf meine E-Medikation? Auf die E-Medikationsliste haben jene Behandler:innen Zugriff, die auch auf Ihre ELGA-Krankenakte zugreifen können. Als Patient:in können Sie die Liste über Ihren Online-Zugang mit Handy-Signatur abrufen oder bei Ihrer ELGAOmbudsstelle erfragen. E-MEDIKATION 29 ELGA, E-Medikation und E-Rezept

Ärzte/Ärztinnen haben ab März 2022 nach und nach mit dem E-Rezept gestartet. Nach österreichweiter Einführung können Sie Ihr Medikament in der Apotheke mit Ihrer e-card oder einem E-Rezept-Code am Handy abholen – ein Rezeptausdruck ist nicht mehr notwendig. In der Apotheke wird durch Stecken der e-card oder durch Scannen des E-Rezept-Codes das Rezept aus dem e-card-System abgerufen. Den E-Rezept-Code können Sie sich unter anderem in Ihrem Account auf www.meineSV.at holen. Was ist der Unterschied zwischen E-Medikation und E-Rezept? Die E-Medikation steht nur jenen Patienten/Patientinnen zur Verfügung, die an ELGA teilnehmen. Das E-Rezept ist eine elektronische Lösung für alle Krankenversicherten. Sind meine Daten sicher? Ja, E-Rezepte werden verschlüsselt übertragen und abgespeichert. Sie sind nur von berechtigten Personen einsehbar: Ärzte/Ärztinnen können nur Rezepte sehen, die sie selbst verschrieben haben. Apotheker:innen haben Einsicht auf alle Ihre E-Rezepte, während Ihre e-card in der Apotheke gesteckt ist. Ihre Sozialversicherung hat ebenfalls Einsicht in Ihre E-Rezepte. ELGA und E-Medikation WAS IST EIN E-REZEPT? 30

Sie möchten mehr erfahren? Ein Erklärvideo zum E-Rezept und weitere Informationen zu E-Medikation und E-Rezept finden Sie hier: Erklävideo https://www.chipkarte.at/cdscontent/?contentid=10007.881787&portal=ecardportal Informationen zu E-Medikation https://www.chipkarte.at/cdscontent/?contentid=10007.767252&portal=ecardportal Informationen zu E-Rezept www.chipkarte.at/e-Rezept info Vertrauenswürdige Gesundheitsinformation erkennen Verlässliche Gesundheitsinformationen müssen evidenzbasiert sein. Evidenzbasierte Medizin arbeitet ausschließlich mit belegten Informationen und den aktuellsten Daten zu Erkrankungen, Therapien oder Untersuchungen. • Seriöse Beiträge enthalten wissenschaftliche Quellenangaben. Jeder Fakt und jede Aussage müssen belegbar sein. Können die Informationen durch mehrere Quellen bestätigt werden, sind sie umso aussagekräftiger. • Gute Gesundheitsinformationen zeigen mehrere Möglichkeiten auf, vergleichen diese und erläutern deren Vor- und Nachteile. Besonders aussagekräftig sind Informationen, die durch Zahlen belegt werden können. • Die Informationen sind in einer einfachen und auch für Nicht-Mediziner:innen verständlichen Sprache geschrieben. Fachbegriffe werden erklärt. • Die Informationen kommen von unabhängigen Einrichtungen (z.B. wissenschaftliche Verlage, medizinische Universitäten, Einrichtungen im Gesundheitswesen). • Es gibt Studien zu Medikamenten oder Behandlungsmethoden, die neutrale Informationen bieten. ELGA und E-Medikation Als Patient:in recherchieren Sie nach der Diagnosestellung womöglich eigenhändig zu Ihrer Erkrankung. 31

Welche Vorteile bringt die Telemedizin für Patienten/Patientinnen? schnellere Reaktion bei auftretenden Problemen Weg- und Zeitersparnis für Patienten/Patientinnen keine Wartezeiten in Ordinationen oder Ambulanzen engmaschigere Kontrollen Unter Telemedizin wird unter anderem die gesundheitliche Betreuung von Patienten/Patientinnen über Informations- und Kommunikationstechnologien verstanden. Patienten/Patientinnen und Behandler:innen befinden sich dabei nicht am selben Ort. Telemonitoring bezeichnet die medizinische Überwachung von Patienten/ Patientinnen aus der Ferne. Telemonitoring kommt etwa bei Diabetiker:innen zum Einsatz. Die Daten bestimmter Blutzuckermessgeräte können automatisch an den/die Behandler:in weitergeleitet und von ihnen überwacht werden. Den Patienten/Patientinnen bleiben so häufige ärztliche Visiten erspart. Teletherapie ist ein Gespräch zwischen Patient:in und Arzt/Ärztin über beispielsweise Videotelefonie. Besonders für Patienten/Patientinnen mit chronischen Erkrankungen können solche Videokonsultationen bestimmte ärztliche Konsultationen ersetzen. TELEMEDIZIN 32 Telemedizin

Vor welchen Herausforderungen steht die Telemedizin? Telemedizin ist nicht in jedem gesundheitlichen Bereich möglich. Körperliche Untersuchungen oder Laboruntersuchungen können nicht ersetzt werden. Technisches Wissen von Patienten/Patientinnen und Personal von medizinischen Fachkreisen ist Voraussetzung. Die Anwendungen müssen einfach bedienbar sein. Patienten/Patientinnen müssen Zugang zu Internet, Mobiltelefon, Computer etc. haben. Die eingesetzten Informations- und Kommunikationstechnologien müssen die Einhaltung des Datenschutzgesetzes und der europäischen Datenschutzgrundverordnung garantieren. Aber: Aufgrund der Notwendigkeit der Reduktion physischer Kontakte hat die Covid-19-Pandemie die Ausweitung und Weiterentwicklung der Telemedizin stark vorangetrieben. 33 Telemedizin

Genauso wie Arzneimittel, müssen auch die Kosten für Heilbehelfe und Hilfsmittel von der Krankenkasse unter gewissen Voraussetzungen übernommen werden. Ähnlich der Rezeptgebühr besteht ein Selbstbehalt. HEILBEHELFE UND HILFSMITTEL Was versteht man unter Heilbehelfen und Hilfsmitteln? Heilbehelfe sind Mittel, die zur Heilung oder Linderung eines Krankheitszustandes dienen. Dazu zählen unter anderem Bandagen, Kompressionsstrümpfe oder Artikel für Diabetiker. Hilfsmittel übernehmen die Funktionen von fehlenden Körperteilen oder unterstützen mangelhafte Körperfunktionen. Betroffene müssen sie ohne fremde Hilfe benutzen können. Dazu zählen unter anderem Rollstühle, Prothesen, Perücken, orthopädische Schuhe oder Hörgeräte. Wie komme ich zu einem Heilbehelf oder Hilfsmittel? 1 Falls Sie Heilbehelfe oder Hilfsmittel benötigen, muss Ihnen Ihr:e Arzt/Ärztin eine Verordnung dafür ausstellen. 2 Die Verordnung muss chef- und kontrollärztlich bewilligt werden. Darum kümmert sich in der Regel der Fachbetrieb, wie z. B. der Bandagist, Optiker oder Hörgeräteakustiker. Bei tariflich nicht geregelten Produkten ist zusätzlich auch ein Kostenvoranschlag notwendig. Im Regelfall leitet der Fachbetrieb die erforderlichen Unterlagen an die Sozialversicherung weiter. 3 Diese bewilligte Verordnung ist binnen 30 Tagen beim Fachbetrieb einzulösen. Nach Ablauf dieser Frist müssen Sie sich eine neue Verordnung von Ihrem/Ihrer Arzt/Ärztin holen. Heilbehelfe und Hilfsmittel 34

Mindestgebrauchsdauer Für Rollstühle, orthopädische Schuhe und ähnliche Hilfsmittel gibt es eine Mindestgebrauchsdauer. Vor Ablauf dieser Dauer ist eine neuerliche Kostenübernahme nicht möglich. Welche Kosten fallen für mich an? Für Heilbehelfe und Hilfsmittel sind 10 % der Kosten selbst zu tragen, mindestens aber EUR 39,00 (Wert 2023). Für Sehbehelfe liegt der Selbstbehalt bei EUR 117,00 (Wert 2023). Die aktuellen Werte finden Sie in der Info-Box auf Seite 27. Heilbehelfe und Hilfsmittel 35

KASSENERSTATTUNG – DURCHSETZUNG VON RECHTEN Was kann ich tun, wenn mir ein chefärztlich bewilligungspflichtiges Rezept oder eine Verordnung nicht bewilligt wurde? Der Erstattungskodex oder ablehnende Entscheidungen des chef- und kontrollärztlichen Dienstes entscheiden nicht endgültig über die Rechte der Patienten/ Patientinnen. Sie können sich an die Ombudsstellen der Sozialversicherungsträger oder der Ärztekammer wenden und hier Rat und Unterstützung einholen. Auch Patienten-/Patientinnenanwaltschaften und die Arbeiterkammern (für Erwerbstätige) beraten bei Schwierigkeiten mit Kostenübernahmen durch die soziale Krankenversicherung. Kontrollverfahren Sollte der direkte Kommunikationsweg nicht zum Erfolg führen, besteht die Möglichkeit, die Entscheidung kostenlos durch Gerichte überprüfen zu lassen. Bei diesem sogenannten Kontrollverfahren entstehen nur Kosten für eine:n Anwalt/Anwältin. Das Kontrollverfahren nach Ablehnung durch den chefärztlichen Dienst läuft wie folgt ab: Genauere Informationen zum österreichischen Sozialsystem und den Regelungen und Ausnahmen der verschiedenen Sozialversicherungsträger finden Sie in diesem Online-Kurs: info https://selpers.com/kurs/mehr-durchblick-beisozialversicherung-und-bewilligungen/ 36 Kassenerstattung – Durchsetzung von Rechten

Beantragen Sie bei Ihrer Krankenkasse einen Bescheid über die Nicht-Bewilligung. Es gibt folgende Möglichkeiten: Dieser Bescheid muss von der Krankenkasse binnen 14 Tagen ausgestellt werden und Folgendes beinhalten: Nach Erhalt des Bescheides reichen Sie binnen 3 Monaten eine Klage beim Arbeits- und Sozialgericht ein. Sie haben folgende Möglichkeiten: Nach Einholung von einem Sachverständigengutachten und einer mündlichen Verhandlung entscheidet das Gericht und stellt ein Urteil zu. 1 2 3 4 via Formular der Krankenkasse Ablehnung mit den Worten „Bitte um Ausstellung eines Bescheides“ per Post, Fax oder online an die Krankenkasse schicken Eine Begründung, warum die Krankenkasse keinen Anspruch des/der Patienten/Patientin auf die gewünschte Therapie sieht Die Angabe einer geeigneteren und kostengünstigeren alternativen Therapie Die Klage persönlich und direkt beim zuständigen Arbeits- und Sozialgericht zu Protokoll geben Mit Hilfe von Arbeiterkammer oder Rechtsanwalt die Klage per Schreiben an das Gericht schicken Im Falle eines Negativurteils: Fällt auch das Gericht die Ent- scheidung, dass die Kosten für die Therapie nicht von der Sozialversicherung übernommen werden, haben Sie die Möglichkeit, binnen 4 Wochen beim Oberlandesgericht Berufung einzulegen. Letzte Instanz: Revision beim Obersten Gerichtshof Wird auch im Berufungsverfahren des Oberlandesgerichts ein Negativ- urteil gestellt, können Sie binnen 6 Wochen Revision beim Obersten Gerichtshof einbringen. Hierfür sind Sie verpflichtet, eine:n Anwalt/ Anwältin hinzuzuziehen. 37 Kassenerstattung – Durchsetzung von Rechten

UNTERSTÜTZUNG DURCH KRANKENGELD Damit Sie während eines längeren Krankenstandes keinen Einkommensverlust erleiden, können Sie von der Krankenkasse Krankengeld erhalten. Keinen Anspruch auf Krankengeld haben: Habe ich Anspruch auf Krankengeld, wenn ich beim AMS gemeldet bin? Ja, als Bezieher:in von Arbeitslosengeld oder Notstandshilfe haben Sie Anspruch auf Krankengeld. Ab wann habe ich Anspruch auf Krankengeld? Der/die Arbeitgeber:in hat bei einem Krankenstand eines/einer Arbeitnehmers/ Arbeitnehmerin eine gewisse Entgeltfortzahlungspflicht. Erst nach Ablauf dieser Pflicht haben Sie als Arbeitnehmer:in Anspruch auf Krankengeld. • mitversicherte Personen • Lehrlinge ohne Entgelt • geringfügig Beschäftigte, die sich nicht selbst versichert haben • Praktikanten/Praktikantinnen • Krankenpflege- und Hebammenschüler:innen • Pensionisten/Pensionistinnen • Bezieher:innen von Kinderbetreuungsgeld 38 Unterstützung durch Krankengeld

Ist der/die Arbeitgeber:in nur mehr verpflichtet das halbe Entgelt zu zahlen, wird die andere Hälfte von der Sozialversicherung übernommen. Wie hoch ist das Krankengeld? Grundsätzlich beträgt das Krankengeld 50 % der Bemessungsgrundlage (= Bruttogehalt pro Monat + Zuschlag für Sonderzahlungen). Ab dem 43. Tag der Arbeitsunfähigkeit erhöht es sich auf 60 %. Geringfügig Beschäftigte haben einen Anspruch auf einen Fixbetrag pro Tag von EUR 6,00 (Wert für 2023). Zu Details informieren Sie sich bei Ihrer Krankenkasse. Wie lange habe ich Anspruch auf Krankengeld? Das Krankengeld wird grundsätzlich bis zu einer Dauer von 26 Wochen gewährt. Waren Sie im Jahr vor Ihrem Krankenstand mindestens 6 Monate versichert, stehen Ihnen sogar 52 Wochen lang Krankengeld zu. Die Auszahlung des Krankengeldes muss von Ihnen beantragt werden. Dies kann online via Bürgercard erledigt werden. Die Sozialversicherung gibt auf ihrer Website Auskunft über die aktuelle Höhe des Krankengeldes sowie über die zuständigen Ansprechpartner pro Bundesland. info https://www.gesundheitskasse.at/cdscontent/?contentid=10007.867467&portal=oegkportal Dauer des Arbeitsverhältnisses Volles Entgelt Halbes Entgelt Im ersten Jahr 6 Wochen 4 Wochen Vom 2. bis 15. Jahr 8 Wochen 4 Wochen Vom 16. bis 25. Jahr 10 Wochen 4 Wochen Ab dem 26. Jahr 12 Wochen 4 Wochen Hier finden Sie eine Übersicht über die Entgeltfortzahlungspflicht: 39 Unterstützung durch Krankengeld

PFLEGEGELD BEI LÄNGER DAUERNDER HILFSBEDÜRFTIGKEIT Sind Sie aufgrund einer Erkrankung oder nach einer Operation auf die Hilfe durch Familie oder Pflegepersonal angewiesen, können Sie Pflegegeld beantragen. Pflegegeld soll Sie finanziell bei dem durch Pflegemaßnahmen entstehenden Mehraufwand unterstützen. Zubereitung und Einnahme von Mahlzeiten An- und Auskleiden Körperpflege Verrichtung der Notdurft Einnahme von Medikamenten Mobilitätshilfen Wann habe ich Anspruch auf Pflegegeld? Anspruch auf Pflegegeld haben Sie, wenn mindestens 6 Monate ein ständiger Pflegebedarf besteht. Zum Pflegebedarf gehören: Wie hoch ist das Pflegegeld? Das Pflegegeld ist unabhängig vom Einkommen und kann auch bei aufrechter Berufsausübung beantragt werden. Es wird in monatlichen Fixbeträgen je nach Pflegebedarf ausgezahlt. Der Pflegebedarf wird von einem/einer Sachver- ständigen in Minuten pro Tag festgestellt und berechnet. Der Pflegebedarf muss 65 Stunden im Monat übersteigen. € 40 Pflegegeld bei länger dauernder Hilfsbedürftigkeit

Nach Antragseingang wird durch eine:n Sachverständige:n ein Gutachten über Ihren Pflegebedarf erstellt. Auf Grundlage dieses Gutachtens wird bestimmt, ob Pflegebedarf besteht bzw. wie hoch das Pflegegeld ist. Gegen diesen Bescheid kann Klage beim Arbeits- und Sozialgericht eingebracht und damit die Entscheidung überprüft werden (siehe Kontrollverfahren Seite 37). Wie stelle ich einen Antrag auf Pflegegeld? Einen Antrag auf Pflegegeld können Sie bei Ihrem Sozialversicherungsträger stellen. Nach Antragseingang bekommen Sie ein Formular zugeschickt, in dem Sie folgende Angaben machen müssen: Tätigkeiten, die nicht mehr selbstständig ausgeführt werden können Inanspruchnahme aller pflegebezogener Leistungen (z.B. erhöhte Familienbeihilfe) Bekomme ich während eines Spitals- oder Kuraufenthalts Pflegegeld? Während eines Spitals- oder Kuraufenthalts ruht das Pflegegeld ab dem zweiten Tag, wenn die überwiegenden Kosten des Aufenthalts ein Sozialversicherungsträger, der Bund, ein Landesgesundheitsfonds oder eine Krankenfürsorgeanstalt trägt. In bestimmten Fällen kann das Pflegegeld auf Antrag weiter bezogen werden. Die Formulare zur Beantragung des Pflegegeldes bei den verschiedenen Sozialversicherungsträgern finden Sie online unter www.help.gv.at. info https://www.oesterreich.gv.at/themen/soziales/ pflege/4.html 41 Pflegegeld bei länger dauernder Hilfsbedürftigkeit

Nachsorge Nach einer Erkrankung oder Operation gibt es verschiedene Möglichkeiten der Unterstützung auf Ihrem Weg der Genesung. Eine Reha oder eine Kur kann helfen, Sie wieder auf ein eigenständiges Leben vorzubereiten. Rehabilitations- oder Wiedereingliederungsgeld können Sie hierbei finanziell unterstützen. REHABILITATIONSGELD Wie hoch ist das Rehabilitationsgeld und wie kann ich es beziehen? Das Rehabilitationsgeld ist so hoch wie das Krankengeld (siehe S. 39). Das Rehabilitationsgeld ist unbefristet. Für die Auszahlung des Rehabilitationsgeldes und für die laufende Prüfung der Voraussetzungen ist Ihre Krankenkasse zuständig. Achtung: Das Rehabilitationsgeld ist lohnsteuerpflichtig. Wann habe ich Anspruch auf Rehabilitationsgeld? Rehabilitationsgeld können Sie erhalten, wenn Sie mindestens für sechs Monate aus gesundheitlichen Gründen nicht arbeiten können. Diese Geldleistung soll die Betroffenen unterstützen, wieder arbeitsfähig zu werden. • Geburtsdatum ab 01.01.1964 (Stand 2023) • keine Möglichkeit einer beruflichen Rehabilitation • kein Anspruch mehr auf Entgeltfortzahlung, Urlaubsgeld oder Arbeitslosenentschädigung info Genauere Informationen zum Rehabilitationsgeld finden Sie unter: https://www.gesundheitskasse.at/cdscontent/?contentid=10007.867465&portal=oegkportal 42 Rehabilitationsgeld

WIEDEREINGLIEDERUNGSGELD Wie hoch ist das Wiedereingliederungsgeld und wann habe ich Anspruch darauf? Das Wiedereingliederungsgeld besteht aus dem Lohn für die geleistete Arbeit und aus dem erhöhten Krankengeld (60 % der Bemessungsgrundlage – siehe Seite 39) für die nicht geleisteten Stunden. Anspruch auf Wiedereingliederungsgeld haben Sie, wenn Sie sich in Wiedereingliederungsteilzeit befinden. Die Voraussetzungen sind: eine verpflichtende Beratung über Wiedereingliederung mindestens sechswöchige ununterbrochene Arbeitsunfähigkeit infolge einer Krankheit das Arbeitsverhältnis vor Erkrankung hat ununterbrochen mindestens drei Monate gedauert eine schriftliche Vereinbarung mit dem/der Arbeitgeber:in auf • eine Herabsetzung der wöchentlichen Normalarbeitszeit um mindestens ein Viertel bzw. höchstens die Hälfte • eine Dauer von mindestens einem Monat bis zu sechs Monaten Theresa Anton hat vor ihrem langen Krankenstand 2.100,- Euro brutto für 38,5 Stunden pro Woche verdient. Sie möchte wieder zu arbeiten beginnen, kann allerdings aus gesundheitlichen Gründen noch nicht Vollzeit arbeiten. Sie hat die Möglichkeit, im Rahmen der Wiedereingliederung mit ihrer Chefin nach einem arbeitsmedizinisch ausgearbeiteten Plan eine Heranführung auf 38,5 Stunden pro Woche innerhalb von sechs Monaten zu vereinbaren. Dieser Plan muss auch vom chef- und kontrollärztlichen Dienst genehmigt werden: Sie beginnt mit einer Arbeitswoche von 18 Stunden (ca. 50% des Beschäftigungsausmaßes). Die Chefin zahlt anteilsmäßig für die geleisteten Stunden, während die Sozialversicherung anteilsmäßig das zustehende Krankengeld auszahlt. Nach 4 Monaten fühlt sich Theresa so fit, dass Sie auf 30 Stunden Arbeitszeit pro Woche aufstockt. Damit zahlt der Dienstgeber anteilsmäßig mehr und der Krankengeldanteil wird entsprechend geringer. Die damit zur Verfügung stehende Summe im Monat wird höher. Fallbeispiel 43 Wiedereingliederungsgeld

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